NVT und Filmpodium Thalwil präsentieren: Der Schneeleopard

Regie & Drehbuch: Marie Amiguet & Vincent Munier
Land, Jahr: Frankreich, 2021
Musik: Nick Cave, Warren Ellis
Version: Originalversion (Englisch), deutsch untertitelt
Spieldauer: 92 Minuten

Lohnt sich dieser Aufwand, nur um einen Schneeleoparden zu sehen? Es kommt die unweigerliche Gegenfrage: Was lohnt sich in diesem Leben?
Die Filmemacher haben sich zum Glück nicht von solchen Zweifeln bremsen lassen – im Gegenteil: Grundsatzfragen werden hier mit Gusto abgehandelt.

Der Schneeleopard dokumentiert die Suche von Vincent Munier und Sylvain Tesson nach dem Schneeleoparden in Tibet, einer Raubkatze beinahe so mythisch wie der Yeti und ähnlich schwer zu finden. Munier, der als Co-Regisseur verantwortlich zeichnet, ist ein preisgekrönter Naturphotograph. Tesson ist der Verfasser des erfolgreiches Buches “Die Kunst der Geduld – Auf der Suche nach dem Schneeleoparden” und die Erzählerstimme im Film.

Während Munier ein Veteran des geduldigen Beobachtens ist, durchläuft Tesson vor unseren Augen einen Lehrgang in der hohen Schule des Anpirschens, der Kombination von Geduld, Langsamkeit und genauem Hinschauen. Vieles passiert in den Dialogen zwischen ihm und Munier. Das sind nicht nur philosophische Betrachtungen, sondern auch ganz praktische Fragen (“können wir näher zu den Bären?” – “Vielleicht besser nicht, das ist eine Mutter mit Jungen”).

Natürlich kommen auch die Strapazen der Expedition zur Sprache, Wind & Wetter und was halt zu einer Himalaya-Expedition so dazugehört. Während Tesson unter den Extrembedingungen nicht immer restlos glücklich wirkt, macht es nie den Anschein, als ob Munier darunter leiden würde – im Gegenteil, Einsamkeit, Kälte und Schneestürme waren selten so photogen, und beide sehen die Widrigkeiten offenbar als willkommenen Anlass für tiefschürfende Erörterungen zum Sinn des Lebens oder doch wenigstens zum Sinn ihrer Suche.

Die Dialoge sind faszinierend. Hauptattraktion sind aber unbestritten die atemberaubenden Bilder der Hochgebirgslandschaften und ihrer Fauna. Munier wird seinem Ruf als einer der führenden Naturphotographen vollkommen gerecht. Eines der wiederkehrenden Themen ist, wie wenig wir fähig sind, die Tiere um uns zu sehen (“Wir sind die Holzköpfe der Natur”), während sie uns eigentlich permanent beobachten. Zeitweilig vergisst man, dass es ja eigentlich um den Schneeleopard ginge, so farbenprächtig und spektakular in Szene gesetzt sind Blaubären, Yaks, Wölfe, Blauschafe und ein erstaunliches Spektrum von Vögeln.

Ein besonderes Zückerchen – als ob es so eines bräuchte – ist der Soundtrack von Nick Cave & Warren Ellis. Er unterstreicht das Meditative im Film, könnte aber auch problemlos auf eigenen Beinen stehen.